13. Juni 2010 | Bericht von Jürgen Klingert
Die Crew, Skipper Michael Herrmann, Co Skipper Ernst Hannemann, Navigator Dirk Pohl (kommt erst morgen) Trimmer Michael Neumann und ich (Jürgen Klingert) als Steuermann reisen aus den verschiedenen Himmelsrichtungen an.
17:00 Uhr die Übergabe der Bavaria Match35 (mit der Nr. 4) erfolgt durch den Geschäftsführer H. Mack persönlich. Zügig werden die Punkte abgehakt. Das Boot hat durch die vorangegangene MatchRace-Woche gelitten – die Macken sind mit Tape markiert. Für uns sind die Schrammen nicht relevant, solange man sie uns nicht anlastet. Zum Entladen sind sind 2 Stunden Parken kostenfrei. Jeder hilft jedem, so geht das zügig von der Hand. Im Anschluß verholen wir die Autos nach Langenargen. Hinter der Fa. Vetter sind kostenfreie Parkplätze, die Ausschilderung läßt zu wünschen übrig. Es ist bereits 20:00 Uhr und es ist frisch hier (14°C). Kurz besichtigen wir Langenargen und kehren im Löwen ein. Als Nebenjob erhalte ich die Bordkasse.
Um 09:15 Uhr stößt Dirk zu uns. Die Crew hat bereits ihr erstes Frühstück im Cafe „Ahoi“ zu sich genommen. Es ist nicht wesentlich wärmer als gestern so um 15°C und es regnet häufig. Zur Vorbereitung schlagen wir die Spileinen an und räumen die Polster der Vorschiffkabine weg. Wir bunkern Wasser und laufen um 10:15 Uhr aus. Um 10:30 Uhr werden die Segel gesetzt. Ostwind mit 5 kn bringt uns mit 5 km/h voran (Wie läßt sich nur die verdammte Logge auf kn umstellen). Skipper Michael vermittelt uns seine Erfahrungen aus dem Spi-Seminar vor 2 Wochen. Auch die Notmanöver!
Das erfolgreiche Spisetzen erfüllt uns mit Stolz. Wir merken aber auch die ersten Nachteile unserer Leinenvorbereitungen an Land. Ich laß mir das Shiften von Michael noch mal genau zeigen. Dazu mach Dirk den Rudergänger, denn je harmonischer die Halse gefahren wird, desto besser läuft die Shifte. Da wir bereits vor Friedrichshafen unter Land kommen, bergen wir den Spi. Jetzt machen wir wieder Höhe wobei der Wind auf 7-8 kn auffrischt. Regen ist unser Begleiter. Auf Raumem Kurs sind wir wieder unter Spi und lernen, daß der Topnant zwischen den beiden Genuaschoten gefahren werden muß, sonst läßt sich die Genua nicht ohne Abschlagen des Spibaumes shiften.
Inzwischen ist der Skipper persönlich am Ruder. Am Nachbarschiff ist ein Schlauchboot festgemacht. Das verwirrt zunächst, ist aber gut als Fender zu gebrauchen. Als die "Nr. 4" (unsere Regatta-Nummer) vertäut ist gönnen wir uns eine Dusche und kochen anschließend Gnocchi. Parmesan verfeinert unser Gericht. Eine Herausforderung ist anschließend das Spülen ohne Ablaufstopfen!
Es ist 20:15 Uhr und Zeit für unser Nachttraining. Wind kommt aus Richtung Obersee. Wir sind auf Am-Wind-Kurs und setzen die Trimmscheibe ein. Nächster Kurs mit Halbwindtrimm. Ich wundere mich über die vielen Fischernetze. Im Dunkel testen wir unser Beleuchtungsequipment. Vorm Wind geht es zurück Richtung W (neuer Trimm). Nach spinnackern steht uns jetzt nicht mehr der Sinn. Um 22:15 Uhr starten wir den Motor um von der Höhe Wasserburg zum Stützpunkt zurück zu fahren. Um 23:10 Uhr sind wir abgerackert im Hafen. Unseren tollen Bordscheinwerfer nutzen wir um uns von der Einfahrt bis in die Box zu bugsieren. Nach einem Absackerbier muß natürlich noch die Vorschiffkabine klariert werden! Schließlich fallen wir in die Kojen.
Heute ist es richtig warm, so 24 °C und wenig Wind. Das Frühstück wird, wie so oft, im „Ahoi“ eingenommen. Es folgt weitere Gewichtsersparnis, Fock und Festmacher müssen raus, ebenso die Vorschiffspolster und schließlich das Stromkabel. Nach diesem Aufklaren wollen wir auslaufen. Diesmal bin ich Rudergänger. Gegen 15:30 Uhr legen wir ab und verholen 2 Boxen weiter um den Fäkalientank zu leeren, danach geht’s hinaus auf den See. Unter Vollgas nach Lindau. Treibholz beeinträchtigt immer wieder die Kurslinie. Gegen 16:30 Uhr sind wir im Hafen. Unser Tiefenmesser nervt weil ganz schön mies eingestellt. Auf Grund der Veranstaltung quirlt es hier im und um das Hafenbecken. Zudem pendeln die Fähren ständig ein und aus.
Wir entschließen uns Ernst und Skipper Michael an der Treppe des Fähranlegers über den Bug abzusetzen; dieses heikle Manöver fährt Dirk. Heute muß die "Nr. 4" beim Regattabüro gemeldet werden. Dafür gibt es Caps von der "Rund-um 2010". Die Zeit nutzen wir (der Rest der Crew) um die notwendigen Vorbereitungen durchzuführen: Windsituation an der Luvtonne, an der Leetonne und am Liegepunkt des Startschiffes (unser max. Luvstartpunkt).
Da die Startlinie 2 km lang ist gibt es ein Peildreieck an Land, das in Deckung mit der Luvtonne wiederum die Startlinie liefert (leider wurde die Luvtonne 30 Minuten vor dem Start noch weiter verholt, so dass diese Peilung nicht mehr stimmte). Weiter in der Checkliste, schnelle Rückwärtsfahrt, damit sich etwaiger Algenbewuchs noch löst. Schließlich Wassertank leeren und letzte scharfkantige Stellen abtapen. Per Handy werden wir von Ernst in den Hafen zurückbeordert. Die "Nr. 4" bugsiere ich mit dem Bug an die Leiter – fast zu forsch!
Die ersten Boote geben hier die Regatta auf. Manche vor, manche nach der Tonne. Wir können die Konkurrenz (die anderen Matches 35) gut ausmachen.
Jetzt tagsüber lassen sich sehr schön die Wind(hauch)felder auf dem See erkennen. Wir nutzen diese um wieder Boden gut zu machen. Die "Nr. 1, 007 + 14" setzen sich in die Schweiz ab. Wir halten uns aus de Rheinströmung heraus, immer weiter die Windfelder nutzend. Kurze Schläge wechseln mit langen Schlägen um vor die nächsten "Matches" zu kommen.
Die bereits bezwungene "Nr. 6" wechselt die Strategie und fährt ebenfalls zum Schweizer Ufer. Die "7" sucht ihr Glück mehr an der Deutschen Seite. In unmittelbarer Nähe sind die "2" und die "3". Mal erwischen sie, mal wir eine Böe. Je näher wir der Tonne Romanshorn kommen, desto mehr klärt sich die Front. Die "2" und die "3" greifen mit einem großen Holeschlag an. Nummer "6" kommt entlang des Schweizer Ufers auf und ist in gleicher Distanz zur Tonne. Mit kurzen Schlägen runden wir als erste die Tonne Romanshorn um dann wieder in der Flaute festzustecken. Auch der Versuch es der "3" gleichzutun - mit Spinnacker aus der Flaute kommen - ist erfolglos da kein Wind! Nummer "6" rollt das Vorsegel ein und motort gen Nordosten. Um 19:10 Uhr starten wir auch den "Dieselwind", während "nur "Nr. 3" noch kämpft. Wir fühlen uns als Klassensieger Romanshorn. Am Abend des 05.06.2010 stehen wir in der Ergebnisliste der Klasse 3. Stelle.
Unter Motor laufen wir in Lindau ein. Wir hatten den Hafenmeister telefonisch konsultiert, doch der benannte Liegeplatz ist bereits vergeben. Dafür wird just der Innenliegende am Steg frei. Durch die versetzen Dalben etwas schwierig anzulaufen. Der Tiefenmesser nervt wieder. Mit Ruhe wursteln wir uns vorwärts in die Box. Jeder kennt seinen Handgriff. Dann liegt die "Nr. 4" in Lindau und der Hafenmeister ist auch schon da. Jetzt geht es um die Liegegebühr! Er fragt nach der Bootsbreite, ich antworte ca. 3m und er sagt darauf: Steckt 13 Euro 50 in das Kuvert und werft dieses in den Briefkasten der Hafenmeisterei. Das klingt sehr unbürokratisch, doch im Kuvert steckt ein Immatrikulationsfragebogen. Ringsum ist Hafenfest, mit Musik, Woscht und Woi! Wir hoffen auf ein frühes Ende. Doch zunächst sind wir gespannt auf die Ergebnisse des Tages und begeben uns zum LSC. Hier sind beschämende 31 Boote gewertet. Das ist für uns und bestimmt die anderen Kämpfer deprimierend. Was hätte man bei dieser Schwachwindregatta besser machen können? Beim Ausgleichen unseres Flüssigkeitshaushaltes kommt doch glatt eine Moderatorin und befragt Skipper Michael über seine Meinung zur Rund-Um. Diplomatisch zieht er sich aus der Affäre. Nachdem wir gegessen haben beginnt das wirklich schöne Lindauer Feuerwerk. Anschließend stürzen wir uns ins Getümmel des Hafenfestes. Beide Michaels sind bettschwer und verabschieden sich in die Koje. Ernst, Dirk und ich drehen noch die Runde zur Sambaband mit Tänzerin. Nach kurzem Verweilen ziehen wir die Runde zu den Sanitäreinrichtungen. Hier testen wir unser Gedächtnis und kramen die Geheimzahl (von Hafenmeister und Stegnachbar zu erfahren) hervor. Danach gehen Ernst und Dirk ins Bett. Nur ich, ich sehne mich nach einer Dusche und pilgere deshalb erneut um den halben Hafen um mir das Regattafieber vom Leib zu spülen.