Christoph Meisel und Arnold flogen schon am Freitag nach Athen um die Yacht in aller Ruhe am Samstag zu übernehmen, damit gewährleistet war, dass wir am Sonntag schon früh - bevor der Vercharterer sein Office öffnete - abfahren konnten.
Erfahrung ist bei der Übernahme von Charteryachten äußerst hilfreich, denn nicht nur die offensichtlichen Schwachpunkte können dann entdeckt werden. Je mehr Problemstellen bei der Bootsübernahme auffallen und beseitigt werden umso entspannter wird dann üblicherweise der Törn. Die Marineros des Vercharterers brachten schnell und engagiert alles was wir bemängelt hatten in Ordnung. Am späten Nachmittag kamen dann auch Alex, Jörg Gregor und Stefan Diefenbach in der Marina an. Sie brachten die Info mit, dass unser sechstes Crewmitglied, Jürgen Brom, am Tag vor der Abreise aus familiären Gründen leider kurzfristigst absagen musste. Von Allen wurde das sehr bedauert. Nachdem das persönliche Gepäck verstaut und der Provianteinkauf beendet war, erledigte Christoph noch die Boots- und Sicherheitseinweisung. Den Abend verbrachten wir in der Taverne von Vassilie - die man nur findet wenn man sie kennt - und anschließend im Cockpit.
Die frühe Abfahrt war wie erwartet etwas problematisch, denn unser Boot lag total eingeklemmt in einer Molenecke. Zwei Meter quer vor unserem Bug lagen die nächsten Yachten. Nachdem wir sie mit unserem Boot etwas zur Seite gedrückt hatten ging es los.
Vieles ist machbar und alles ging gut. Als Tagesziel war Loutra auf der Insel Kithnos geplant. Das setzte aber mindestens 12-14 kn Wind voraus um die Strecke zu schaffen. Leider war der Wind schwächer und Plan B kam zur Anwendung. Wir verkürzten die Strecke und fuhren an Kap Sunion und dem darauf stehendem Rest eines Poseidontempels vorbei zur NE-Ecke der Insel Kea. Nach gut 40 sm machten wir um ca. 1900 Uhr vor dem 50-Häuser-Dorf Vourkari fest - mit Buganker und dem Heck an der Mauer. Diese Form des Anlegens, war während des Törns in allen Häfen die wir anliefen üblich. Nach einem entspannten „Anleger“ ließen wir den Abend mit gutem Essen und Trinken in einer Taverne ausklingen.
Christoph und Alex war das schwefelhaltige Wasser zu heiß, deshalb machten sie sich auf um die Umgebung zu erkunden. Die Anderen wollten einen "Creek-Coffie" trinken. Als die Inselerkunder wieder zum Schiff kamen war dort keiner der Restcrew zu finden. Also nutzten die beiden erst mal die Zeit zum Schwimmen. Auf dem Rückweg kam ihnen eine Dreiergruppe in bester Laune entgegen. Sollten das die Kameraden sein, die nur einen Creek-Coffee trinken wollten? Es stellte sich heraus, dass aus dem Creek-Coffee ganz schnell ein, zwei, drei, ??? Uso geworden waren (Ich trinke Uso, was trinkst Du so!). Obwohl die beiden Inseltouristen sofort eine ungeheuerliche Aufholjagd starteten, hatte sie keine Chancen ein adäquates Level zu erreichen. Der Vorsprung der Kameraden war zu groß. Die After-Dinner-Party an Deck war deshalb nach kurzer Zeit nur noch schwach besucht.
Aufgrund schwacher Winde verkürzten wir die geplante Route auch heute. Statt wie geplant Milos anzusteuern, war es mehr als realistisch die Insel Serifos als neues Ziel zu wählen. Abfahrt um 0910. Ankunft in der großen Südbucht von Serifos um 1900. Dort wurde frei geankert und das Dinghi mit Outborder genutzt um an Land und zurück zu kommen. Dinghyfahren bei Nacht macht Spaß - insbesondere, wenn die komplette Crew im kleinen Dinghi sitzt.
Schon ist die halbe Zeit um und wir müssen darauf achten - komme was wolle – rechtzeitig zur Basis zurück zu kommen. Da ein langer Schlag anstand - etwas über 70 sm bei wahrscheinlich wieder wenig Wind und entsprechend langsamer Fahrt – starteten wir bereits um 0515. Also noch in schwarzer Nacht. Als es später hell zu werden begann erlebten wir einen herrlichen Sonnenaufgang auf See - ein tolles Erlebnis. Normalerweise beginnt der Segeltag im Hafen oder in der Bucht mit bereits hochstehender Sonne.
Nun ging die Sonne hinter einer Landzunge auf, und der Himmel färbte sich nacheinander rosa, rot, violett und orange bevor die Sonne zu sehen war. Entsprechend färbte sich auch das Meer in vielen Farbtönen. Es war ein Naturschauspiel, das allen Crewmitgliedern in Erinnerung bleiben wird. Gegen Mittag zog sich der Himmel – beginnend mit Zirrusbewölkung – zu. Später wurde es richtig grau durch tiefhängende Wolken und der Wind nahm zu. Arnold sagte eine durchziehende Kaltfront für die Nacht oder den nächsten Tag voraus.
Insgesamt kamen wir deshalb besser als erwartet voran und erreichten gegen 1800 den Hafen der Insel Hydra. Das Anlegemanöver war mehr als spannend, denn der kleine Hafen von Hydra-Stadt war zu diesem Zeitpunkt wie üblich schon mehr als voll. Das hatten wir schon von draußen gesehen, denn viele Yachten kamen kurz nach der Einfahrt in den Hafen wieder heraus um irgendwo einen Ankerplatz zu suchen.
Drinnen stellten wir fest, dass es wie erwartet schon lange keinen Platz mehr an der Mole gab und auch die 2. Reihe davor schon voll war. In der festen Überzeugung, dass es immer noch einen Liegeplatz gibt, fädelten wir uns mit Buganker zwischen zwei in der 2. Reihe liegende Schiffe, mit dem Heck zwischen die Ketten dieser ebenfalls vor Buganker liegenden Yachten und legten Heckleinen zum jeweiligen Bug der hinter uns liegenden Yachten. Geht doch! Danach Stadterkundung und später, oben in der Stadt, in einer sehr idyllischen Taverne ein authentisches Schlemmer-Abendessen. Abgerundet wurde das Ganze – ein absoluter Glücksfall für uns – von zwei einheimischen Gästen, die Guitarre spielten und griechische Lieder sangen.
Doch mit dem langsam angehen wurde es nichts, denn die zwischen uns und der Mole liegenden Boote – an deren Bug wir mit Achtern fest waren - wollten schon gegen 0800 ablegen. Im Vergleich zu den Vortagen ist heute nur ein kurzer Schlag geplant. Unser Ziel ist Poros auf Poros. Also wollten wir es langsam angehen lassen und Programm des Hafenkinos genießen. In diesem Fall das in Hydra übliche Kettenfangen beim ablegen.
Deshalb unser Plan: losbinden, am Anker vorziehen und nach deren Abfahrt wieder anlegen. Gut gedacht aber es kam anders. Da immer mehr Yachten ablegten und sich mit ihren Ankern in den Ketten verhakten verkürzten wir das Frühstück und fuhren raus bevor jemand auch unseren Anker losriß. Draußen war guter Segelwind, so daß wir zu unserem Zwischenziel, einer super-idyllischen Badebucht, ideal aufkreuzen konnten. Nachdem dort unser Anker eingefahren war wurde ausgiebig relaxt und gebadet bis gegen 1400 der Wind auffrischte. Aufgrund des Wolkenbildes war davon auszugehen, dass uns die schon gestern erkannte Front erreicht hat. Richtig gedacht! Innerhalb kürzester Zeit brieste der Wind drastisch auf und verursachte nach kurzer Zeit auch hohe Wellen. Alex plädierte für Lifebelts - absolut richtig in dieser Situation - und wir banden in Fahrt unter Segeln das erste Reff ein.
Nach Rundung eines Kaps sahen wir, dass die See bis zum Horizont voller Yachten war, die aus allen Buchten und unsicheren Häfen kamen und wie wir die Bucht von Poros ansteuerten. Ein Bild wie bei einer Regatta. Dabei brieste es immer weiter auf. Mit der Einfahrt in den Kanal zwischen Festland und der Insel Poros hatten wir es geschafft. Unter Motor genossen wir die wunderbare Durchfahrt nach Poros Stadt entlang der langen Promenade. Am Anlegeplatz hatten wir nach dem 2. Anlauf den Haken im Grund und liefen bei fast 40 kn Seitenwind rückwärts unsere Lücke an – eine der Letzten – Glück gehabt! Sicherheitshalber spannten wir sofort nachdem wir fest waren auch noch Brustleinen vom Boot zum Land und beobachteten, was um uns herum so abging. Es war großes Hafenkino! Unser Boot lag bestens fest, wir saßen im Cockpit beim „Anleger“ mit "Mythos" und rundum ging die Hektik los. Luvwärts von uns hielten die Anker nicht. Über 10 Yachten hatten die Maschinen gestartet und steuerten – Achterleinen am Steg fest - mit Vollgas und Hartruderlage nach Luv um die Boote von der Mauer ab und gerade zu halten. Als unser direkter Nachbar Frauen und Kinder an Land brachte - während sein Vater mit Vollgas nach Luv steuerte - und uns um Unterstützung bat, gingen wir bei ihm an Bord und sicherten auch seine Yacht mit Brustleinen zum Land. Die Windgeschwindigkeit im Hafen lag inzwischen über 40 kn, Wellen und Gischt gingen über die Schwimmstege während einige Yachten noch irgendwo irgendwie festzumachen versuchten.
Das Ganze war unserer Crew eine sehr lehrreiche Erfahrung. Auch an diesem Abend besuchten wir eines von Arnolds Lieblingslokalen. Bei Maria und Yanis war das Essen wie angekündigt - nämlich Spitze. Anschließend Stadtbummel und ein letzter Uso.
Heute müssen wir rechtzeitig die Charterbasis erreichen um das Boot noch in Ruhe zu betanken (Tankwagen kommt dort über den Steg ans Boot) und vernünftig auschecken zu können. Deshalb Abfahrt um 0615 und Frühstück erst danach in Fahrt. Vorbei an der Insel Aegina, quer durch den Saronischen Golf und das Verkehrstrennungsgebiet vor Athen geht unsere Route. Nach einem windarmen Start in den Morgenstunden brist es auf und wir können phantastisch segeln. Gegen Mittag weht es schon mit 25 kn, wir haben viel Spaß und der Wind ninmmt weiter zu – reffen ist angesagt. Auch heute zeigt sich, dass das Reffen in Fahrt noch besser werden muss. Für das Manöver, hoch am Wind mir der Genua fahren und dabei das Groß verkleinern und danach mit dem Groß fahren und die Genua verkleinern, muss bei viel Wind alles sitzen.
Nur in solchen Situationen wird drastisch klar, welche Kräfte wirklich wirken. Vor der Einfahrt unseres Start- und Zielhafens nahmen wir dann die Segel weg und starteten den Motor. Wegen starkem Querwindes erforderte das Durchfahren der Hafeneinfahrt noch mal, dass "der Hebel auf den Tisch kam" (Vollgas). Drinnen machten wir dann alles zum anlegen klar und klemmten uns aufgrund der Anweisungen der Marineros wieder in die unmögliche Ecke, aus der wir eine Woche zuvor gestartetet waren und in die wir freiwillig nicht gefahren wären.
Danach Bootsrückgabe: Null Problemo. Ganz im Gegensatz zur nach uns ankommenden und neben uns festmachenden Yacht, denn diese lief mit gebrochenem Mast ein. Es war wohl wirklich recht windig heute! Uns erinnerte das sehr an unseren Ostseetörn im letzten Jahr (s. Bericht).
Unser Problem war jedoch das Abendessen! Auf Wassilis Taverne hatten wir keine Lust und außerdem hatten wir einige Vorräte die ganze Woche über mitgeschleppt, die jetzt einfach weg mussten. Unter Leitung von Alex entstand ein sehr schmackhaftes Gericht und am Ende hatte jeder zu viel davon gegessen. Da half dann nur noch Mythos und Uso. Fazit: 220 sm zurück gelegt, Wieder einmal hatten wir einen tollen Törn - aber leider war er wie immer viel zu schnell vorbei und Morgen fliegen wir wieder zurück.
... doch nach dem Törn ist vor dem Törn und deshalb haben wir auch gleich schon mal ein neues Ziel angedacht. In 2015 wollen wir zu den Inseln des Dodekanes!